Der
Bezirksvorstand übergibt diese Vorlage zur Diskussion und
Meinungsbildung in die Kreise und Grundorganisationen des Bezirkes.
Ziel ist es bis Ende 2010 ein Diskussionsergebnis zu erreichen. Ziel
muss es sein für 2011 konkrete Arbeitsschritte und Maßnahmen
zu erarbeiten. Dies wird dann zusammengefasst und als Beschlussvorlage
dem Bezirksvorstand vorgelegt. Alle Genossinnen und Genossen im Bezirk
werden aufgerufen, sich an der Diskussion zu beteiligen.
Diskussionsgrundlage:
Die Bezirksorganisation der DKP im
Saarland verfügt über mannigfaltige Erfahrungen in der
Entwicklung von Jugendpolitik, auf die wir zurückgreifen. Durch
die politischen und ökonomischen Entwicklungen wie sie im
Parteiprogramm beschrieben werden, stehen wir dennoch vor der
Herausforderung, unsere Jugendpolitik zu diskutieren und wenn
notwendig, auch zu überdenken und mit den politischen Zielen wie
sie im Parteiprogramm beschlossen wurden, abzuklopfen und
gegebenenfalls mit neuen Akzenten zu entwickeln.
Wie helfen wir im Sinne des
Parteiprogrammes mit die „Kräfte des Widerstandes und des
Fortschrittes“ in der Jugend und ihren Bewegungen zu
entwickeln?
Im Parteiprogramm heißt es:
„Von entscheidender Bedeutung für die Zukunft ist die Rolle,
die die Jugend in den politischen und sozialen Auseinandersetzungen
spielt. Beträchtliche Teile der jungen Generation haben keine
Chance auf Ausbildung und geregelte Arbeit. Nie zuvor in der Geschichte
der Bundesrepublik Deutschland waren darum Forderungen nach dem Recht
auf Bildung und Berufsausbildung, auf Arbeit, soziale Sicherheit und
Gleichberechtigung, auf sinnvolle Freizeit und Gesundheit, nach dem
Recht auf Mitbestimmung und Demokratie, dem Recht, in Frieden zu leben
und zu arbeiten, so aktuell wie in der Gegenwart. Die DKP will, dass
die Arbeiterjugend ihre Kraft in den betrieblichen und
gewerkschaftlichen Kämpfen mit der ihrer älteren Kolleginnen
und Kollegen vereint. Sie will unter den Studierenden und jungen
Intellektuellen die Überzeugung verbreiten, dass sie ihren
Interessen und Idealen nur gemeinsam mit der Arbeiterbewegung Geltung
verschaffen können.“
Auf der BDK 2010 wurde zur Situation
der Arbeiterjugend, der Schüler- und Schülerinnen im
Saarland u.a. im Referat ausgeführt: „Binnen zweier Jahre
ist die Zahl der Ausbildungsplätze um rund 15 Prozent
zurückgegangen. Die Arbeitslosenquote unter den 15- bis
24-Jährigen liegt bei fast 15 Prozent. 47 Prozent der Jugendlichen
erhalten nur einen befristeten Arbeitsvertrag. Bundesweit arbeiteten 56
Prozent der unter 25-Jährigen im Niedriglohnbereich. Nach der
Ausbildung in die Zeitarbeit – diese Erfahrung machen auch immer
mehr Jugendliche im Saarland. Prekäre
Beschäftigungsverhältnisse befördern unsichere
Zukunftsaussichten und geben keine Planungssicherheit für junge
Menschen. Sie erfahren immer früher, dass der Wert des Menschen
und seiner Arbeit stetig sinkt. Hartz IV ist das neue Damoklesschwert
für junge Arbeitnehmer. Ein schlechtes Arbeitsklima und ein hoher
Leistungsdruck belasten schon früh Jugendliche. 25-30% der
Auszubildenden brechen ihre Ausbildung im Saarland frühzeitig ab.
Häufig werden sie als billige Arbeitskräfte missbraucht. Ein
schlimmes Beispiel ist hier der Gastronomiebereich. Die Klagen von
Ausbildungsbetrieben, dass viele Jugendliche den schulischen
Anforderungen einer Berufsausbildung nicht gewachsen sind,
unterstreicht die Notwendigkeit das gegliederte Schulsystem endlich
abzuschaffen und die Berufsausbildung zu reformieren. Schlechte oder
gar keine Schulabschlüsse führen auf dem Ausbildungsmarkt zu
Verdrängungsprozessen, die insbesondere Schwächeren keine
Chancen bieten“. DIE DKP Saarland hat dazu Sofortforderungen
vorgelegt. Die DKP fordert in einem Sofortprogramm u.a.:
- Jeder Jugendliche bekommt ein Ausbildungsplatzangebot!
- Sofortige Einrichtung von 1000
qualifizierten außerbetrieblichen Ausbildungsplätzen in den
bestehenden Berufsschulzentren
- Wer nicht ausbildet muss zahlen – Gesetzliche Ausbildungsverpflichtung für Betriebe und Konzerne
- Bereitstellung von 1500 Plätzen zum externen Erwerb des Hauptschulabschlusses jenseits der bvb-Maßnahmen!
- Weg mit dem gegliederten Schulsystem – eine Schule für alle !
- Reform der Berufsausbildung
- Sofortprogramm für sozial benachteiligte Jugendliche und Entkoppelung von der Hartz IV-Gesetzgebung:
• beratenden und betreuenden Strukturen vor Ort
• Schaffung von Wohnraum
• Formen jugendgemäßer Suchtberatung und Therapieangebote
Diese Forderungen werden im Rahmen der Diskussion weiter entwickelt mit
dem Ziel ein Jugendforderungsprogramm der DKP für das Saarland zu
erarbeiten.
Auf der BDK 2010 haben wir einen
Antrag zur saarländischen Bildungspolitik beschlossen (Bildung ist
ein Menschenrecht! Eine Schule für alle! Stoppt
soziale Selektion und Privatisierung!). Damit wollen wir zum einen in
die bildungspolitische Diskussion im Saarland eingreifen und
natürlich auch Themen der Bildungsstreikbewegung im Saarland
unterstützen und aufgreifen.
Im Parteiprogramm (Kräfte des
Widerstandes) der DKP heißt es: „Eine große Vielfalt
neuer sozialer Akteure entsteht und entwickelt sich. Mit der
antirassistischen Bewegung, in der Geschlechterfrage, zu Umwelt und
Frieden und zu vielen anderen Fragen agieren neue Kräfte autonom.
Die Existenz einer breiten Schicht von Ausgebeuteten und Ausgegrenzten
eröffnet die Möglichkeit und die Notwendigkeit, alle
Betroffenen in einem alternativen politischen und sozialen Projekt
zusammenzuführen, sie als Gesamtheit in ihrer Vielfalt und
Autonomie zu vereinen“.
Im Parteiprogramm ist formuliert:
…die DKP (wirkt) eng mit der Sozialistischen Deutschen
Arbeiterjugend (SDAJ) und der Assoziation Marxistischer StudentInnen
(AMS) zusammen, mit denen sie gemeinsame weltanschauliche Grundlagen
und politische Überzeugungen verbinden. Alle Mitglieder der DKP
haben eine besondere Verantwortung, SDAJ und AMS zu
unterstützen.“ Die Umsetzung dieser Aufgabe im
Parteiprogramm sehen wir als zunehmend schwierig an. Dies benennen wird
aus unserer Sicht:
Die Differenzen zwischen der Programmatik der DKP und dem
Bundesvorstand der SDAJ wachsen. Diese Widersprüche kann nach
unserer Auffassung nur die SDAJ auflösen. Sie muss ihre
grundsätzliche Haltung zur DKP klären. Also, Distanz oder
Übereinstimmung in den wesentlichen Fragen des Parteiprogrammes?
Heinz Stehr hat die Bedenken des
Parteivorstandes in seinem Diskussionsbeitrag auf der
Bundesvorstandssitzung im Juni 2010 der SDAJ konkretisiert. Wir sind
allerdings der Auffassung, dass auch von Seiten des Parteivorstandes
diese Diskussion viel zu spät begonnen wurde. Dies hat aus unserer
Sicht dazu geführt, dass Auseinandersetzungen von Teilen der
Partei nicht nachvollzogen und verstanden werden.
Im Saarland ist es nach 1995 nicht
mehr gelungen, die SDAJ weiter zu entwickeln. Dies hat verschiedene
Ursachen (fehlender Nachwuchs, Schwäche der Partei nach 1990
usw.). Die Motivation zur Erhaltung der SDAJ im Saarland war für
uns vielleicht auch deshalb geringer, weil sich diese Differenzen im
Politikverständnis zwischen dem Bundesvorstand der SDAJ und der
DKP zunehmend verfestigt haben. Und diese Widersprüche werden auch
junge Parteimitglieder wahr genommen. Die Erfahrung zeigt, dass es bei
Jugendlichen auch keinen Automatismus im Übergang in
vorgezeichnete Organisationen gibt. Vielmehr wird vieles kritisch
hinterfragt und mit den eigenen Erfahrungen und politischen
Überzeugungen abgeglichen. Dies gilt für Jugendorganisationen
als auch für Parteien. In diesem Sinne entwickeln sich auch neue
Formen von Zusammenschlüssen Jugendlicher.
Unsere Wahrnehmung ist leider, dass
sich der Bundesvorstand der SDAJ für die
Auseinandersetzungen in der DKP instrumentalisieren lässt. Ist die
Unabhängigkeit der SDAJ, die ein gewichtiger Teil des
Selbstverständnisses ist, gefährdet?
Mit Sorge sehen wir Tendenzen in der
SDAJ, die Zugänge für Jugendliche zu
verengen. Scheinbar radikale Losungen, Avantgarddenken und eine
reduzierte bzw. falsch verstandene Bündnispolitik tragen nach
unserem Eindruck dazu bei, dass Chancen zur Stärkung der
SDAJ und zur Entwicklung einer breiten Jugendbewegung nicht voll
genutzt werden können. Die Folge wird sein, dass die Distanz bei
der Mehrheit der SDAJ zur DKP als Gesamtpartei wächst.
Die Jugendpolitik der DKP Saarland
hat natürlich zum Ziel, Jugendbewegungen zu unterstützen, zu
stärken und zusammenzuführen. So haben wir die
Bildungsstreikbewegung 2010 im Saarland tatkräftig
unterstützt. Angesichts der sich zuspitzenden Lage, in der sich
immer größere Teile der Jugend befinden, ist die Entwicklung
einer breiten, selbstbewussten und aktiven Jugendbewegung notwendig.
Wir wollen mithelfen, dass sich mehr Jugendliche für ihre
Interessen selbst bewegen. Deshalb halten wir es für richtig,
Zugänge für Jugendliche, die sich schon wehren oder sogar
erst beginnen darüber nachzudenken, möglichst weit
geöffnet werden.
Die Zugänge für
Jugendliche, sich in Auseinandersetzung zu begeben, sind
vielfältig und differenziert: Bildung, Antifaschismus, Umwelt,
Solidarität, Demokratie, Freizeit. Wie können in diesem
Zusammenhang Jugendbündnisse entstehen? Können die
Kämpfe zusammengeführt werden? Wäre eine
Jugendkonferenz/Jugendratschlag im Saarland möglich?
Ein Beitrag zur Stärkung von Jugendbewegungen sehen wir auch
darin, marxistisch und antikapitalistisch orientierte Jugendliche und
ihre Zusammenschlüsse zu unterstützen, weil sie mit dazu
beitragen, Kämpfe nicht isoliert von der Arbeiterbewegung bzw. der
Arbeiterjugend zu führen. In diesem Sinne wollen wir
Diskussionspartnerin für interessierte Jugendliche sein, die sich
für marxistische Ideen interessieren und auf der Suche nach
gesellschaftlichen Alternativen sind. Dazu wäre es gut,
unsere politischen Aussagen und Forderungen zu jugendpolitischen Fragen
weiter zu entwickeln und zu qualifizieren und mehr Diskussionsangebote
für Jugendliche zu entwickeln. Wäre die Erarbeitung eines
„Jugendmanifestes“ für das Saarland sinnvoll?
In den vergangenen Jahren haben wir
versucht, Diskussionsangebote für Jugendliche zu entwickeln. Im
„Arbeitskreis junger Kommunisten“ haben sich Jugendliche
organisiert und beispielsweise ein Jugendtreff im Parteibüro
eingerichtet, auch eine Fahrt mit ca. 36 Jugendlichen ins KZ Struthoff
und eine antifaschistische Diskussionsveranstaltung zum 8. Mai fand
statt. Durch Wegzug wegen Studium, Probleme durch die landesweite
Zerstreuung (Saarlouis, Beckingen, St. Ingbert) der Mitglieder und
politisch motivierter Austritte hatte sich die Gruppe so dezimiert,
dass eine sinnvolle Weiterarbeit nicht mehr möglich war. Unsere
Bezirksorganisation hat in Zusammenarbeit mit dem Bezirk Rheinland zwei
Jugendseminare an der Parteischule in Leverkusen mit Robert Steigerwald
für junge Kommunisten angeboten. Die Jugendpolitik im Bezirk ist
immer so angelegt, dass wir offen für die Zusammenarbeit mit
Jugendlichen sind. So arbeiten wir mit antifaschistischen Jugendgruppen
zusammen oder wir haben im Bündnis zum saarländischen
Bildungsstreik 2010 mitgearbeitet. Die DKP hat Jugendzeitungen zu
verschiedenen Anlässen herausgegeben. Wir haben die zentralen
Materialien der Partei verteilt und jugendpolitische Forderungen
für das Saarland in den vergangenen Jahren entwickelt. In diesem
Sinne wurde auch im Referat der BDK die Gründung der linken
Jugendgruppe „Junge Marxistische Gruppe Saarland“ (JMGS)
begrüßt, die die Zusammenarbeit mit der DKP sucht.
Unser Ziel ist es, eine
Jugendpolitik für die DKP im Saarland zu entwickeln, die sich in
Übereinstimmung mit dem Parteiprogramm befindet. Mit der
Diskussion zur Jugendpolitik der DKP im Saarland gilt es zum einen, die
politischen Ausgangspositionen zu diskutieren und gleichzeitig konkrete
Schritte in der Umsetzung zu bestimmen.
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