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Bei den zurückliegenden Landtagswahlen im Saarland haben
mindestens 4 Parteien, darunter auch die DKP, einen Politikwechsel gefordert.
Eindeutiger kann kaum zum Ausdruck kommen, dass wir– wie Heinz es formuliert
hat – auch regional in einer Übergangszeit leben. Eine Mehrheit der
Saarländerinnen und Saarländer hat sich gegen den neoliberalen Kurs der
CDU-Landesregierung und für einen Politikwechsel entschieden.
Seit gestern nun hat Rückgratlosigkeit und Korruptheit eine
neue Maßeinheit an der Saar. Zukünftig lässt sie sich mit einem Ulrich =
größter anzunehmender Wählerbetrug messen. Da wird wochenlang ein nahezu beispielloses
Schmierentheater – genannt Sondierung -aufgeführt, um durch die altbewährten
Mittel der Parteidisziplinierung die Kritiker zu isolieren und die eigene
Position – also Jamaika – durchzusetzen. Diese Entscheidung zeigt aber nicht
nur die Wandlung der Grünen zu einer Partei des ökologisch eingefärbten
Wirtschaftsliberalismus, wie wir es bereits in unserer Erklärung zur
Landtagswahl geschrieben haben. Es zeigt erneut, dass es für einen
Politikwechsel mehr braucht als eine starke linke Partei im Parlament. Wir
stellen seit Monaten fest, dass es eine unzureichende inhaltliche Plattform und
unzureichenden Druck für einen Richtungswechsel gibt. In den letzten Wochen war
es viel zu ruhig im Land. Wieso schauen Gewerkschaften, SPD und Linke wie das
Kaninchen auf die grüne Schlange anstatt mit außerparlamentarischen Initiativen
Bewegung zu entwickeln? Warum wird – auch von den LINKEN um Oskar Lafontaine -
herumtaktiert bis zum Ende statt auf die inhaltliche Auseinandersetzung zu
bauen?
Die DKP hat in den letzten Monaten einen sicher bescheidenen,
aber dennoch spürbaren Beitrag geleistet, um diesen Begriff Politikwechsel mit
Inhalt zu füllen. Mit unseren Forderungen und strategischen Orientierungen der
letzten Monate – von der Bezirksdelegiertenkonferenz, über die landespolitische
Erklärung bis zu unserer Wahlerklärung - gaben wir wichtige Impulse in die
fortschrittlichen Bewegungen. In Püttlingen haben wir mit dieser Politik - trotz
Konkurrenzkandidatur der Linken – deutlich machen können, dass die DKP auch
unter veränderten Bedingungen unverzichtbar ist. „Nicht nur wählen sondern
Druck machen“, mit dieser Losung konnten wir bei vielen linken Menschen Ansehen
erwerben. Auch wenn wir zurzeit bei überregionalen Kandidaturen keine zählbaren
wahlpolitischen Ergebnisse erreichen können, wirken wir mit unserer Politik als
Impulsgeber, werden wir als kompetente Gesprächspartner wahrgenommen. Offensichtlich
wird dabei, dass wir, die DKP es ernst meinen, mit unserem Ansatz, gemeinsam
mit vielen demokratischen und fortschrittlichen Kräften Allianzen für eine
andere Politik bilden zu wollen. Dabei treten wir eben nicht mit dem erhobenen
Zeigefinger auf, nicht als die, die es immer schon besser gewusst haben. Wir
suchen den Dialog mit anderen, um gemeinsam an einem Programm für einen
Politikwechsel zu arbeiten. Wie eine solche Debatte aussehen kann, hat die
Veranstaltung des Sozialforums Saar in der vorletzten Woche gezeigt. Unter dem
Motto „Politikwechsel ist mehr als Regierungswechsel“ diskutierten Vertreterinnen
und Vertreter aus Gewerkschaften, Friedensbewegung, Saarländischem
Flüchtlingsrat, attac und Gesamtlandeselternvertretung – meines Wissens
erstmalig – gemeinsam über ihre Forderungen. Auch wenn der Besuch dieser
Veranstaltung zu wünschen übrig ließ und die Diskussionszeit knapp bemessen war,
sollten wir diese Entwicklung nicht gering schätzen. Die positive Resonanz auf
unsere Politik reicht bis weit in die Sozialdemokratie, selbst linke SPD-Politiker
wie Ottmar Schreiner sehen die DKP als Teil einer Bewegung für einen Politikwechsel.
Wir Kommunistinnen und Kommunisten wissen, dass sich durch
Wahlen allein auch in unserem Bundesland nichts ändert. Wie beschränkt
demokratische Einflussmöglichkeiten der Bevölkerung in diesem Land sind,
zeigten erneut die sog. Sondierungsgespräche zur Bildung einer Landesregierung.
Eine 5,9-Prozent-Partei bestimmt, wer am Ludwigsplatz einzieht. Dabei versprachen
SPD und CDU zwischenzeitlich fast alles, Peter Müller schießt mit seiner inhaltlichen
Beliebigkeit den Vogel ab - wenn es sein müsste, käme er mit Rastalocken und
Atomkraft-Nein-Danke-Button zu den Koalitionsverhandlungen – das wird die
Widersprüche und Differenzen auch in der Noch-Volkspartei CDU verstärken. Die
Saarländerinnen und Saarländer werden diese Anbiederei nicht so schnell
vergessen. Und trotz dieser Verkommenheit zeigt sich, wie sehr den politisch
Herrschenden die mit diesen Wahlen deutlich gewordenen
Bewusstseinsentwicklungen in die Knochen gefahren sind. Der Neoliberalismus
befindet sich im Saarland nicht mehr nur in einer Legitimationskrise, er wird
mittlerweile von einer Mehrheit der Menschen nicht nur abgelehnt sondern auch
abgewählt, wenn Alternativen sichtbar sind. Wenn Wendlin von Boch mit
Abwanderung nach Luxemburg droht, dann sagen wir. Gebt ihm noch mehr Grund zur
Sorge. Unternehmer, die sich nach Gutsherrenart über demokratische
Entscheidungen hinwegsetzen wollen, müssen mit Wirtschaftsdemokratie und
weitreichenden Rechten der Belegschaften zum Schutz vor Entlassungen,
Betriebsschließungen und Verlagerungen bestraft werden. Soziale Gerechtigkeit
ist die Forderung, die angesichts immer tieferer sozialer Verwerfungen als
wichtigste angesehen wird. Das sollte uns und allen Linken Auftrieb geben. In
einer solchen Zeit stellen wir uns als DKP nicht in die Ecke und sagen: Die
Forderung nach sozialer Gerechtigkeit ist im Kapitalismus illusionär. Nein, wir
müssen sagen: Soziale Gerechtigkeit muss gemeinsam erkämpft werden – mit
kämpferischen Gewerkschaften, durch einen Aufschwung außerparlamentarischer
Aktionen. Lasst uns gemeinsam streiten gegen diese Betrüger-Regierung und für
einen Politikwechsel, lasst uns dabei mit unseren Mitstreitern über den Tellerrand
des Systems hinausblicken und in einem Prozess mit anderen über grundlegende
gesellschaftliche Alternativen diskutieren. In einem solchen Prozess werden wir
unseren marxistischen Standpunkt einbringen – nicht als meckernde Zuschauer von
der Tribüne sondern als solidarisch in den Bewegungen streitende – nie ihren
eigenen Standpunkt aufgebende Kommunistinnen und Kommunisten. Wir wollen
unseren Beitrag dazu leisten, dass Menschen in Bewegung kommen, dass sie sich
aufmachen, die Verhältnisse zu verändern.
Unser politisches Angebot im Saarland
haben wir so formuliert.
-
Wir
streiten für die Erarbeitung und Durchsetzung eines Landesentwicklungsprogramms
mit dem Grundsatz „Der Mensch kommt vor dem Profit“. Im Mittelpunkt eines
solchen Programms muss die Zukunft der Arbeit stehen. Es muss Sofortmaßnahmen
beinhalten, wie Massenarbeitslosigkeit und soziale Not sofort bekämpft werden
können, wie die Kinderarmut überwunden und Altersarmut verhindert wird. Es muss
Wege aufzeigen, wie die Zerstörung der ökologischen Existenzgrundlagen beendet
und eine Energiewende herbeigeführt wird. Es muss klare Maßnahmen enthalten,
wie Bildung, Gesundheit für alle gesichert, wie mehr Mitbestimmung in Betrieb
und Gesellschaft durchgesetzt wird!
-
Die
Aufhebung der Diskriminierung von Frauen darf nicht nur verbal gefordert
werden, sie muss endlich Realität werden. Zu dieser notwendigen Realität gehört
die Gleichstellung der Frauen in der Arbeitswelt und in der gesamten
Gesellschaft. So muss die Forderung „Gleicher Lohn für gleiche Arbeit“
Wirklichkeit werden.
- Wir
fordern: Nein zur Schuldenbremse, keinen Sozialabbau und keine weiteren
Massenbelastungen! Notwendig ist die Steigerung der Massenkaufkraft die
Erhöhung von Löhnen, Renten, Arbeitslosengeld. Weg mit Hartz IV und der Rente
mit 67! Her mit dem gesetzlichen Mindestlohn!
-
Wir
fordern eine Jugendpolitik, die Lösungen für die Gegenwart anbietet, wie die
gesetzliche Ausbildungsverpflichtung von Unternehmen und die Förderung benachteiligter
Jugendlicher in allen gesellschaftlichen Lern- und Arbeitsprozessen.
-
Wir
fordern die Umverteilung von oben nach unten! Wir fordern die
Vergesellschaftung der Schlüsselindustrien, der Banken und Versicherungen gemäß
dem Grundgesetz und der Landesverfassung!
- Nein
zur Privatisierung öffentlichen Eigentums und öffentlicher Aufgaben!
- Wir
fordern Initiativen für die sofortige Beendigung des Krieges in Afghanistan und
die Entmilitarisierung des Saarlandes. Die Saarlandbrigade, diese kriegführende
Truppe, brauchen wir nicht!
- Wir
fordern ein Aktionsprogramm gegen alte und neue Nazis, das Verbot jeglicher
neonazistischer Propaganda und das Verbot der NPD! Der entschlossene Kampf
gegen Neonazismus und Rassismus muss zur gesellschaftlichen und staatlichen
Aufgabe gemacht werden!
Diese Forderungen nach einem Landesprogramm „Der Mensch geht
vor Profit“ soll unser Aushängeschild auch in den nächsten Monaten sein. Wir
wollen Druck machen gegen diese Regierungen des Kapitals in Saarbrücken und
Berlin. Dabei mithelfen, dass aus den jetzt dringend notwendigen Abwehrkämpfen
Bewegungen zu entwickeln für wirkliche Veränderung. Für einen Richtungswechsel
im Interesse der arbeitenden und von Arbeit ausgegrenzten Menschen, für die
Rechte von Schülerinnen und Schülern nach einem Anfang vom Ende dieses
Katastrophen-Systems, genannt dreigliedriges Schulsystem. Für Universitäten
ohne Studiengebühren, aber auch ohne Orientierung der Hochschulen an
Kapitalinteressen. Für die Rechte der Saarländerinnen, die nach der neusten
Erhebungen noch stärker in Sachen Löhne und Gehälter diskriminiert werden als
im Bundesdurchschnitt. Lasst uns im Saarland ein landesweites Klima schaffen,
in dem trotz drohender Schuldenbremse Privatisierungen nicht weiter
durchsetzbar sind, in der die Militarisierung der Gesellschaft zurückgedrängt
und Neonazis sich in dieser Krise nicht weiter stärken können.
Werben wir für die Einsicht: Aus dem Elend des
Neoliberalismus im Saarland rettet uns kein höheres Wesen, auch kein Tribun
oder sonstiger Heilsbringer. Das können nur die Saarländerinnen und Saarländer,
indem sie selbst für ihre Rechte aktiv werden. Unser Motto bleibt daher: Wer
sich nicht wehrt, lebt verkehrt!!
Liebe Genossinnen und Genossen, liebe Freundinnen und Freunde,
wie können wir eine Bewegung für einen Politikwechsel im
Saarland voranbringen. Ich denke, nicht mit Proklamationen sondern mit einem
Ansatz, der in den Regionen verankert sein muss. Lasst uns in den nächsten
Monaten selbstbewusst auf alle möglichen Bündniskräfte zugehen und für die
gemeinsame Aktion werben. Ob bei Aktionen gegen den nun verstärkt drohenden Sozialabbau.
Gegen Privatisierungen oder für das Recht auf Bildung für alle, ob bei Demos
gegen Atomkraftwerke oder Castor-Transporte – überall, wo Bewegung entsteht,
sollten wir für die Vernetzung mit anderen weben, Zusammenhänge darstellen,
auffordern, sich als Teil einer Bewegung für einen themenüberspannenden
Politikwechsel zu verstehen. Lasst uns mit anderen die Debatte um die Inhalte
eines solchen Politikwechsels führen und werben wir insbesondere in der Partei
DIE LINKE für die Bedeutung von außerparlamentarischen Aktionen.
Nutzen wir aber auch die neuen Chancen, die sich für die
direkte Stärkung der DKP ergeben. Konzepte zur Überwindung des Kapitalismus
finden angesichts der Krise mehr Gehör. Sicher ist das keine Massenerscheinung,
aber wir sollten sehr genau registrieren, wie eindeutig die Ablehnung des
Krisensystems z.B. in der Gewerkschaftsjugend zum Ausdruck kommt. Da ergeben
sich doch direkte Anknüpfungspunkte, die Möglichkeit zum Meinungsaustausch, auf
welchem Weg der Kapitalismus überwunden werden und wie eine neue Gesellschaft
aussehen kann. Mit unserem Parteiprogramm haben wir ein tolles Angebot für
alle, die nach grundsätzlichen Alternativen suchen. Und geben wir das Programm
nicht nur weiter, sondern fragen wir diese Gesprächspartner auch, ob sie
gemeinsam mit uns in der DKP für eine solche Zukunft streiten wollen. Wer
ehrlich für einen Politikwechsel und eine grundlegende Gesellschaftsveränderung
streiten will, braucht eine politische Heimat jenseits von Parteikarrierismus
und Reformismus. Für diese Kombination – kluge Strategie und Taktik gepaart mit
konsequentem Eintreten für die Überwindung des Kapitalismus – gibt es in
unserem Land eine Adresse – die DKP.
Glück auf!