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Politikwechsel im Saarland erkämpfen – Jetzt Druck machen für eine neue Entwicklungsrichtung!

Rede von Thomas Hagenhofer, Bezirksvorsitzender der DKP Saarland, auf der Diskussionsveranstaltung zu den Wahlergebnissen am 12.10.2009

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Bei den zurückliegenden Landtagswahlen im Saarland haben mindestens 4 Parteien, darunter auch die DKP, einen Politikwechsel gefordert. Eindeutiger kann kaum zum Ausdruck kommen, dass wir– wie Heinz es formuliert hat – auch regional in einer Übergangszeit leben. Eine Mehrheit der Saarländerinnen und Saarländer hat sich gegen den neoliberalen Kurs der CDU-Landesregierung und für einen Politikwechsel entschieden.

Seit gestern nun hat Rückgratlosigkeit und Korruptheit eine neue Maßeinheit an der Saar. Zukünftig lässt sie sich mit einem Ulrich = größter anzunehmender Wählerbetrug messen. Da wird wochenlang ein nahezu beispielloses Schmierentheater – genannt Sondierung -aufgeführt, um durch die altbewährten Mittel der Parteidisziplinierung die Kritiker zu isolieren und die eigene Position – also Jamaika – durchzusetzen. Diese Entscheidung zeigt aber nicht nur die Wandlung der Grünen zu einer Partei des ökologisch eingefärbten Wirtschaftsliberalismus, wie wir es bereits in unserer Erklärung zur Landtagswahl geschrieben haben. Es zeigt erneut, dass es für einen Politikwechsel mehr braucht als eine starke linke Partei im Parlament. Wir stellen seit Monaten fest, dass es eine unzureichende inhaltliche Plattform und unzureichenden Druck für einen Richtungswechsel gibt. In den letzten Wochen war es viel zu ruhig im Land. Wieso schauen Gewerkschaften, SPD und Linke wie das Kaninchen auf die grüne Schlange anstatt mit außerparlamentarischen Initiativen Bewegung zu entwickeln? Warum wird – auch von den LINKEN um Oskar Lafontaine - herumtaktiert bis zum Ende statt auf die inhaltliche Auseinandersetzung zu bauen?

Die DKP hat in den letzten Monaten einen sicher bescheidenen, aber dennoch spürbaren Beitrag geleistet, um diesen Begriff Politikwechsel mit Inhalt zu füllen. Mit unseren Forderungen und strategischen Orientierungen der letzten Monate – von der Bezirksdelegiertenkonferenz, über die landespolitische Erklärung bis zu unserer Wahlerklärung - gaben wir wichtige Impulse in die fortschrittlichen Bewegungen. In Püttlingen haben wir mit dieser Politik - trotz Konkurrenzkandidatur der Linken – deutlich machen können, dass die DKP auch unter veränderten Bedingungen unverzichtbar ist. „Nicht nur wählen sondern Druck machen“, mit dieser Losung konnten wir bei vielen linken Menschen Ansehen erwerben. Auch wenn wir zurzeit bei überregionalen Kandidaturen keine zählbaren wahlpolitischen Ergebnisse erreichen können, wirken wir mit unserer Politik als Impulsgeber, werden wir als kompetente Gesprächspartner wahrgenommen. Offensichtlich wird dabei, dass wir, die DKP es ernst meinen, mit unserem Ansatz, gemeinsam mit vielen demokratischen und fortschrittlichen Kräften Allianzen für eine andere Politik bilden zu wollen. Dabei treten wir eben nicht mit dem erhobenen Zeigefinger auf, nicht als die, die es immer schon besser gewusst haben. Wir suchen den Dialog mit anderen, um gemeinsam an einem Programm für einen Politikwechsel zu arbeiten. Wie eine solche Debatte aussehen kann, hat die Veranstaltung des Sozialforums Saar in der vorletzten Woche gezeigt. Unter dem Motto „Politikwechsel ist mehr als Regierungswechsel“ diskutierten Vertreterinnen und Vertreter aus Gewerkschaften, Friedensbewegung, Saarländischem Flüchtlingsrat, attac und Gesamtlandeselternvertretung – meines Wissens erstmalig – gemeinsam über ihre Forderungen. Auch wenn der Besuch dieser Veranstaltung zu wünschen übrig ließ und die Diskussionszeit knapp bemessen war, sollten wir diese Entwicklung nicht gering schätzen. Die positive Resonanz auf unsere Politik reicht bis weit in die Sozialdemokratie, selbst linke SPD-Politiker wie Ottmar Schreiner sehen die DKP als Teil einer Bewegung für einen Politikwechsel.

Wir Kommunistinnen und Kommunisten wissen, dass sich durch Wahlen allein auch in unserem Bundesland nichts ändert. Wie beschränkt demokratische Einflussmöglichkeiten der Bevölkerung in diesem Land sind, zeigten erneut die sog. Sondierungsgespräche zur Bildung einer Landesregierung. Eine 5,9-Prozent-Partei bestimmt, wer am Ludwigsplatz einzieht. Dabei versprachen SPD und CDU zwischenzeitlich fast alles, Peter Müller schießt mit seiner inhaltlichen Beliebigkeit den Vogel ab - wenn es sein müsste, käme er mit Rastalocken und Atomkraft-Nein-Danke-Button zu den Koalitionsverhandlungen – das wird die Widersprüche und Differenzen auch in der Noch-Volkspartei CDU verstärken. Die Saarländerinnen und Saarländer werden diese Anbiederei nicht so schnell vergessen. Und trotz dieser Verkommenheit zeigt sich, wie sehr den politisch Herrschenden die mit diesen Wahlen deutlich gewordenen Bewusstseinsentwicklungen in die Knochen gefahren sind. Der Neoliberalismus befindet sich im Saarland nicht mehr nur in einer Legitimationskrise, er wird mittlerweile von einer Mehrheit der Menschen nicht nur abgelehnt sondern auch abgewählt, wenn Alternativen sichtbar sind. Wenn Wendlin von Boch mit Abwanderung nach Luxemburg droht, dann sagen wir. Gebt ihm noch mehr Grund zur Sorge. Unternehmer, die sich nach Gutsherrenart über demokratische Entscheidungen hinwegsetzen wollen, müssen mit Wirtschaftsdemokratie und weitreichenden Rechten der Belegschaften zum Schutz vor Entlassungen, Betriebsschließungen und Verlagerungen bestraft werden. Soziale Gerechtigkeit ist die Forderung, die angesichts immer tieferer sozialer Verwerfungen als wichtigste angesehen wird. Das sollte uns und allen Linken Auftrieb geben. In einer solchen Zeit stellen wir uns als DKP nicht in die Ecke und sagen: Die Forderung nach sozialer Gerechtigkeit ist im Kapitalismus illusionär. Nein, wir müssen sagen: Soziale Gerechtigkeit muss gemeinsam erkämpft werden – mit kämpferischen Gewerkschaften, durch einen Aufschwung außerparlamentarischer Aktionen. Lasst uns gemeinsam streiten gegen diese Betrüger-Regierung und für einen Politikwechsel, lasst uns dabei mit unseren Mitstreitern über den Tellerrand des Systems hinausblicken und in einem Prozess mit anderen über grundlegende gesellschaftliche Alternativen diskutieren. In einem solchen Prozess werden wir unseren marxistischen Standpunkt einbringen – nicht als meckernde Zuschauer von der Tribüne sondern als solidarisch in den Bewegungen streitende – nie ihren eigenen Standpunkt aufgebende Kommunistinnen und Kommunisten. Wir wollen unseren Beitrag dazu leisten, dass Menschen in Bewegung kommen, dass sie sich aufmachen, die Verhältnisse zu verändern.

Unser politisches Angebot im Saarland haben wir so formuliert.

  • Wir streiten für die Erarbeitung und Durchsetzung eines Landesentwicklungsprogramms mit dem Grundsatz „Der Mensch kommt vor dem Profit“. Im Mittelpunkt eines solchen Programms muss die Zukunft der Arbeit stehen. Es muss Sofortmaßnahmen beinhalten, wie Massenarbeitslosigkeit und soziale Not sofort bekämpft werden können, wie die Kinderarmut überwunden und Altersarmut verhindert wird. Es muss Wege aufzeigen, wie die Zerstörung der ökologischen Existenzgrundlagen beendet und eine Energiewende herbeigeführt wird. Es muss klare Maßnahmen enthalten, wie Bildung, Gesundheit für alle gesichert, wie mehr Mitbestimmung in Betrieb und Gesellschaft durchgesetzt wird!
  • Die Aufhebung der Diskriminierung von Frauen darf nicht nur verbal gefordert werden, sie muss endlich Realität werden. Zu dieser notwendigen Realität gehört die Gleichstellung der Frauen in der Arbeitswelt und in der gesamten Gesellschaft. So muss die Forderung „Gleicher Lohn für gleiche Arbeit“ Wirklichkeit werden.
  • Wir fordern: Nein zur Schuldenbremse, keinen Sozialabbau und keine weiteren Massenbelastungen! Notwendig ist die Steigerung der Massenkaufkraft die Erhöhung von Löhnen, Renten, Arbeitslosengeld. Weg mit Hartz IV und der Rente mit 67! Her mit dem gesetzlichen Mindestlohn!
  • Wir fordern eine Jugendpolitik, die Lösungen für die Gegenwart anbietet, wie die gesetzliche Ausbildungsverpflichtung von Unternehmen und die Förderung benachteiligter Jugendlicher in allen gesellschaftlichen Lern- und Arbeitsprozessen.
  • Wir fordern die Umverteilung von oben nach unten! Wir fordern die Vergesellschaftung der Schlüsselindustrien, der Banken und Versicherungen gemäß dem Grundgesetz und der Landesverfassung!
  • Nein zur Privatisierung öffentlichen Eigentums und öffentlicher Aufgaben!
  • Wir fordern Initiativen für die sofortige Beendigung des Krieges in Afghanistan und die Entmilitarisierung des Saarlandes. Die Saarlandbrigade, diese kriegführende Truppe, brauchen wir nicht!
  • Wir fordern ein Aktionsprogramm gegen alte und neue Nazis, das Verbot jeglicher neonazistischer Propaganda und das Verbot der NPD! Der entschlossene Kampf gegen Neonazismus und Rassismus muss zur gesellschaftlichen und staatlichen Aufgabe gemacht werden!

Diese Forderungen nach einem Landesprogramm „Der Mensch geht vor Profit“ soll unser Aushängeschild auch in den nächsten Monaten sein. Wir wollen Druck machen gegen diese Regierungen des Kapitals in Saarbrücken und Berlin. Dabei mithelfen, dass aus den jetzt dringend notwendigen Abwehrkämpfen Bewegungen zu entwickeln für wirkliche Veränderung. Für einen Richtungswechsel im Interesse der arbeitenden und von Arbeit ausgegrenzten Menschen, für die Rechte von Schülerinnen und Schülern nach einem Anfang vom Ende dieses Katastrophen-Systems, genannt dreigliedriges Schulsystem. Für Universitäten ohne Studiengebühren, aber auch ohne Orientierung der Hochschulen an Kapitalinteressen. Für die Rechte der Saarländerinnen, die nach der neusten Erhebungen noch stärker in Sachen Löhne und Gehälter diskriminiert werden als im Bundesdurchschnitt. Lasst uns im Saarland ein landesweites Klima schaffen, in dem trotz drohender Schuldenbremse Privatisierungen nicht weiter durchsetzbar sind, in der die Militarisierung der Gesellschaft zurückgedrängt und Neonazis sich in dieser Krise nicht weiter stärken können.

Werben wir für die Einsicht: Aus dem Elend des Neoliberalismus im Saarland rettet uns kein höheres Wesen, auch kein Tribun oder sonstiger Heilsbringer. Das können nur die Saarländerinnen und Saarländer, indem sie selbst für ihre Rechte aktiv werden. Unser Motto bleibt daher: Wer sich nicht wehrt, lebt verkehrt!!

Liebe Genossinnen und Genossen, liebe Freundinnen und Freunde,

wie können wir eine Bewegung für einen Politikwechsel im Saarland voranbringen. Ich denke, nicht mit Proklamationen sondern mit einem Ansatz, der in den Regionen verankert sein muss. Lasst uns in den nächsten Monaten selbstbewusst auf alle möglichen Bündniskräfte zugehen und für die gemeinsame Aktion werben. Ob bei Aktionen gegen den nun verstärkt drohenden Sozialabbau. Gegen Privatisierungen oder für das Recht auf Bildung für alle, ob bei Demos gegen Atomkraftwerke oder Castor-Transporte – überall, wo Bewegung entsteht, sollten wir für die Vernetzung mit anderen weben, Zusammenhänge darstellen, auffordern, sich als Teil einer Bewegung für einen themenüberspannenden Politikwechsel zu verstehen. Lasst uns mit anderen die Debatte um die Inhalte eines solchen Politikwechsels führen und werben wir insbesondere in der Partei DIE LINKE für die Bedeutung von außerparlamentarischen Aktionen.

Nutzen wir aber auch die neuen Chancen, die sich für die direkte Stärkung der DKP ergeben. Konzepte zur Überwindung des Kapitalismus finden angesichts der Krise mehr Gehör. Sicher ist das keine Massenerscheinung, aber wir sollten sehr genau registrieren, wie eindeutig die Ablehnung des Krisensystems z.B. in der Gewerkschaftsjugend zum Ausdruck kommt. Da ergeben sich doch direkte Anknüpfungspunkte, die Möglichkeit zum Meinungsaustausch, auf welchem Weg der Kapitalismus überwunden werden und wie eine neue Gesellschaft aussehen kann. Mit unserem Parteiprogramm haben wir ein tolles Angebot für alle, die nach grundsätzlichen Alternativen suchen. Und geben wir das Programm nicht nur weiter, sondern fragen wir diese Gesprächspartner auch, ob sie gemeinsam mit uns in der DKP für eine solche Zukunft streiten wollen. Wer ehrlich für einen Politikwechsel und eine grundlegende Gesellschaftsveränderung streiten will, braucht eine politische Heimat jenseits von Parteikarrierismus und Reformismus. Für diese Kombination – kluge Strategie und Taktik gepaart mit konsequentem Eintreten für die Überwindung des Kapitalismus – gibt es in unserem Land eine Adresse – die DKP.

Glück auf!

Thomas Hagenhofer

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