Die
saarländischen Kommunistinnen und Kommunisten bestimmen ihren politischen Kurs
Der zweite Teil der Bezirksdelegiertenkonferenz der DKP
Saarland fand am 9.06.2013 im Naturfreundehaus Kirkel statt. Die Delegierten hatten
insbesondere drei Aufgaben zu erfüllen. Erstens ging es um die Einschätzung der
landespolitischen Entwicklungen und die Positionen und Aktivitäten der DKP
hierzu, zum zweiten wurden die bezirklichen Leitungsorgane neu gewählt und
drittens stand die Auswertung des 20. Parteitags der DKP an.
In seiner Eröffnung wies Fred Herger, Mitglied des
Sekretariats des Bezirksvorstands, auf die wechselvolle Geschichte des
Veranstaltungsorts, auf die Errichtung durch SozialdemokratInnen und
KommunsitInnen, auf die Unterbringung von Flüchtlingen aus Hitler-Deutschland
zwischen 1933 und 1935, die darauf folgende Enteignung durch die Nazis und die
Rückgewinnung durch die Naturfreunde nach 1945.
In seinem einleitenden Referat bewertete Thomas Hagenhofer,
der alte und neue Bezirksvorsitzender, die landespolitischen Entwicklungen. „Die
Völker Europas leiden unter dieser sogenannten Austeritätspolitik, besonders im
Süden des Kontinents. Das transnationale Kapital verlangt nach noch besseren
Verwertungsbedingungen und hat mit der EU den entscheidenden Hebel zur
Durchsetzung einer noch radikaleren Variante des Neoliberalismus gefunden. Was
der ESM und der Fiskalpakt in Europa, ist die Schuldenbremse in Deutschland. Unsere
Troika heißt Stabilitätsrat, ein demokratisch nicht legitimiertes Gremium zur
Überwachung der Schuldenbremse. Dieser hat erst vor wenigen Tagen das Saarland
gerügt, weil es ein – wenn auch völlig unzureichendes – Unterstützungsprogramm
für Kommunen (KELF) aufgelegt hat, ohne ihnen noch stärker den Hals
zuzuschnüren.
Doch diese Politik produziert enorme Widersprüche. Die
Verwerfungen dieser Politik sind nicht mehr wegzudiskutieren, die neoliberalen
Rezepte, die sehr an die der 20er Jahre erinnern, verschärfen und verlängern
die Krise. Langsam weicht die Front der Sparpolitik auf - getrieben vom Druck
der Massenbewegungen in Griechenland, Portugal, Spanien und Frankreich.“
Er setzte sich mit den Versuchen der Landesregierung
auseinander, die Gewerkschaften in ihre Kaputtsparpolitik einzubinden:
„Zwar nehmen die an den Gesprächen beteiligten
Gewerkschaften den Stellenabbau nur „zur Kenntnis“, stimmen also nicht
ausdrücklich zu. Dennoch findet die von der Landesregierung angestrebte Einbindung
in den Prozess der Umsetzung der Schuldenbremse statt. Auch wenn sich der
Beamtenbund nicht mit seiner Forderung durchsetzten konnte, einen Kuhhandel in
Form höherer Besoldungserhöhungen für Beamte gegen festgeschriebenen
Stellenabbau von 2.400 Stellen vertraglich zu fixieren, wird mit der Einigung
ein Signal auf Anpassung und nicht auf Widerstand gesetzt.
In diesem Prozess ist sehr deutlich geworden, dass der
Landesregierung die Ruhe in den Betrieben und auf der Straße sehr viel wert
ist. So liegen die jetzt getroffenen Vereinbarungen bei der Beamtenbesoldung im
Ländervergleich im oberen Drittel. Die im Zuge sinkender Schülerzahlen
wegfallenden 588 Lehrerstellen werden kapitalisiert und das Geld steht im
Haushalt der frühkindlichen Bildung weiter zur Verfügung. Es stellt sich
dennoch die Frage: Wie viel mehr könnte erreicht werden, wenn die Gewerkschaften
auf Kampf statt auf Gespräche gesetzt hätten?
Sicher ist das leichter gesagt als getan angesichts des
Niveaus der politischen Diskussion und des Bewusstseinsstandes in den
Gewerkschaften und in der Bevölkerung. Aber gerade weil wir dringend eine
Politisierung in diesem Bereich brauchen, um die nun Jahrzehnte andauernden
Defensive der Arbeiterbewegung zu überwinden, muss dieser Weg hinterfragt
werden. Immer noch steht offenbar Glauben an eine „positive Gestaltung“ des
Niedergangs im Mittelpunkt gewerkschaftlichen Handelns. Anpassung an die
neoliberale Ausgestaltung der neoliberalen Lösung der Staatsverschuldung darf
doch auf Dauer nicht die Antwort der Interessenvertretungen der arbeitenden
Menschen im Saarland sein. Denn die Hauptlast der Kaputtsparpolitik werden
nicht die Landesbeschäftigten tragen. Es wird vor allem in Infrastruktur
gespart werden, in Gesundheit, Kultur und Sport. Der Kahlschlag hat doch längst
begonnen. Er muss doch gestoppt und nicht moderiert werden. Eine Sicht nur auf
die Beschäftigten im öffentlichen Dienst ist viel zu kurz gegriffen.“
Thomas Hagenhofer wiederholte die Vorschläge der DKP für
eine alternative Landespolitik:
„Die
Reichen müssen zahlen!
- Initiativen
des Saarlandes im Bundesrat zur Erhöhung des Spitzensteuersatzes, Wiedereinführung
der Vermögenssteuer sowie einer Vermögensabgabe
- Wegsteuern
nichtinvestierter Gewinne (Millionärssteuer, Finanztransaktionssteuer)
Mehr
für Arbeit, Bildung und Umwelt:
- Initiative
zur Einführung eines gesetzlichen Mindestlohns;
-
Konsequente
Umsetzung des Tariftreuegesetzes entsprechend den Vorstellungen des DGB
-
Umverteilung
von der Wirtschaftsförderung zur Bildung
-
Beschäftigungsprogramme
insbesondere für Langzeitarbeitslose, die Ihnen sozialversicherungspflichtige
Arbeitsverhältnisse unter Einhaltung tariflicher Löhne sichern.
Entschuldung
des Landes
- Initiativen
zur Streichung der Schuldenbremse aus dem Grundgesetz
-
Sofortige
Aufhebung des Ministererlasses zur kommunalen Schuldenbremse
-
Entschuldung
des Landes und der Kommunen durch Einführung eines Zinsmoratoriums, Schuldenschnitt
und Umverteilung aus dem Rüstungshaushalt zugunsten regionaler Entwicklung und
kommunaler Daseinsfürsorge.
Die DKP tritt nicht nur für einen echten Politikwechsel ein, sie
wirbt auch für ein breites Bündnis für diesen Politikwechsel.
Ziel ist die Durchsetzung einer
alternativen Landespolitik und eines alternativen Landeshaushaltes ohne
Schuldenbremse und Spardiktat.
Nur wer in diesen Auseinandersetzungen die Fahne für eine
fortschrittliche Landespolitik, für einen radikalen Politikwechsel hochhält,
wird verhindern können unter die Räder dieser Kaputtsparpolitik zu kommen. Wer
das Saarland wirklich entschulden will, muss mit einer grundlegend anderen
Gesellschaftspolitik ran. Wer den Reichen nichts nimmt, kann den Armen nichts
geben und dieses Bundesland nicht vor der Pleite retten.
Ohne die Eigentums- und Machtverhältnisse der Banken und
großen Konzern anzugreifen, sie in die Schranken zu weisen, letztlich ohne ihre
Enteignung und Überführung in öffentliches Eigentum und demokratische Kontrolle
wird ein Politikwechsel auf halbem Wege streckenbleiben.“
Das Referat endete mit einer Aktionsorientierung der DKP
Saarland zum Eingreifen in den Bundestagswahlkampf und zur Weiterentwicklung
von Bündnissen gegen die Sparpolitik.
In der anschließenden Diskussion wurde u. a. auf die
Situation der saarländischen Kommunen am Beispiel Püttlingen, auf die Situation
in der saarländischen Automobilzulieferindustrie und die Bedeutung der
antifaschistischen Erinnerungsarbeit eingegangen.
Einen großen Stellenwert nahm die Einschätzung der
Entwicklung der DKP ein. Die Konferenz unterstützte eine Erklärung
der saarländischen Delegierten zum 20. Parteitag, die ihre Sorge über die
Stärkung ultralinker und zugleich dogmatischer Tendenzen in der DKP und die
neuen Mehrheitsverhältnisse im Parteivorstand zum Ausdruck brachte. Die
Erklärung bekräftigt die langjährige Grundlinie des Bezirks, Politik auf der
Plattform des Parteiprogramms zu entwickeln.
In der Entschließung
der Konferenz heißt es:
„Dieses Land braucht dringender denn je eine politik- und
handlungsfähigere, ideologisch anziehende und ausstrahlende kommunistische
Partei. Auf dem Gebiet, für das wir als Mitglieder der DKP dieser
Bezirksorganisation arbeiten, im Saarland, tragen wir dafür die Verantwortung.
Und dieser Verantwortung entziehen wir uns nicht.
Alle, die über den Zustand unserer Partei klagen, haben
recht. Das hilft aber nicht weiter, um die Probleme zu lösen. Jede/r von uns
ist gefragt, deutlich nach innen und außen zu artikulieren, was auf dem Spiel
steht, was droht, verlorenzugehen. Keine Organisation, keine Partei in unserem
Land hat trotz der Veränderungen auf dem Parteitag ein solches inhaltliches
Potential und einen solchen politischen Erfahrungsschatz wie die DKP. Wir
sollten gemeinsam darum kämpfen, dass diese Errungenschaften sich nicht in
Staub der Geschichte auflösen, dass sie weitergetragen werden können und als
Basis für kommende Kämpfe erhalten bleibt.
Das Programm der DKP ist ein revolutionäres Programm mit dem
Ziel der Überwindung des Kapitalismus. Es entwickelt strategische Wege zur
Erreichung dieses Ziels. Es greift aktuelle Entwicklungen des heutigen
Kapitalismus auf und zieht Schlussfolgerungen für Theorie und Praxis in der
überschaubaren Etappe dieses Kampfes. Es kann ein wirksamer Schutz vor
Verengungen in Theorie und Praxis sein.
Dieses Programm ist Plattform für unsere Politik und für
unser Handeln im Saarland.
Wir werden in der Praxis prüfen können und müssen, ob und in
welchem Maße die Orientierungen in dem jetzt beschlossenen Dokument „Antworten
der DKP auf die Krise“ die Politik- und Handlungsfähigkeit der DKP befördert
und für die Stärkung der Partei eine tragfähige Grundlage
ist.“
Die
Konferenz wählte äußerst einmütig die bezirklichen Leitungsorgane. Als
Bezirksvorsitzender wurde einstimmig der Genosse Thomas Hagenhofer bestätigt,
zum neuen stellvertretenden Vorsitzenden wurde ebenfalls einstimmig der Genosse
Fred Herger gewählt.
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